Bergparade zum 4. Landestreffen der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine Sachsen-Anhalt e.V. in Elbingerode/Harz; 21.Mai 2006 |
Diesen Bericht widme ich meiner Heimatstadt Elbingerode, den hier lebenden Bergmännern, die jahrzenhntelang in den vor den Toren der Stadt liegenden Bergwerken arbeiteten sowie meinen Kumpels, mit denen ich mich über ein Jahrzehnt lang durch unzählige stillgelegte Bergwerke bewegte und in die ablegendsten Regionen Deutschlands fuhr, um hier nach Bergbauzeugen zu suchen. |
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In einer über 1000-jährigen Bergbaugeschichte durchwühlten Generationen von Bergleuten die Umgebung meiner Heimatstadt Elbingerode auf der Suche nach Eisenerz, Schwefelkies, Kalkstein, Manganerz, Kobalt und Marmor. Dabei verwandelten sie die Umgebunge von Elbingerode in eine Mondlandschaft und durchlöcherten sie, wie ein Schweizer Käse. In einem Dokumentarbericht vom MDR über den Bergbau in Mitteldeutschland wurde es so formuliert, "Keine andere Region in Europa ist vom Bergbau so geprägt und geschädigt, wie Mitteldeutschland." Der Bergbau war aber der Industriezweig, der die Besiedelung des Harzes vorantrieb und die Grundlage zum Leben und Überleben in unserem rauhen Gebirge bot. |
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Besser als auf dem Hunt, der vor dem Haus der Familie Kruse steht, kann man die Geschichte der direkten Verknüpfung vom Bergbau und den darausfolgenden Ortsgründungen im Harz nicht beschreiben. |
Zur Tradition des Bergbaus gehören auch die farbenprächtigen Umzüge der Bergbau- Hütten- und Knappenvereine. Leider ist die Tradition bei uns im Harz nicht so verbreitet, wie im Erzgebirge. Die Bergparade am 21. Mai war die erste Bergparade in Elbingerode seit 1974. Davor 1863 zur Einweihung der Kirche. Die diesjährige Bergparade zum 4. Landestreffen der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine Sachsen-Anhalt e.V. wurde vom Förderverein Besucherbergwerk "Drei Kronen & Ehrt" e.V. im Rahmen der Feierlichkeiten zum 800-jährigen Jubiläum von Elbingerode organisiert. | ![]() |
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Der Einladung folgten 48 Vereine aus Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden Württemberg. 1350 Berg- und Hüttenleute sowie Spielleute verschiedener Musikkorps und Spielmannszügen waren um 13.30 Uhr auf dem Sportplatz angetreten. |
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Vor dem Abmarsch zur Bergparade auf der 3 km langen Strecke durch Elbingerode empfingen die angereisten Traditionsvereine ihre Fahnenschleife. |
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Von der Region um Eisleben reichte der Bergbau bis nach Sangerhausen. Hier befand sich der Thomas-Müntzer-Schacht. In Niederröbblingen und Nienstedt die Bernhard-Koenen-Schächte. Vertreten wurde der Bergbau durch den Verein Mansfelder Bergarbeiter Sangerhausen. |
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Der Salzbergbau vom Morsleben wurde durch den Kanppenverein Oberes Allertal Morsleben vertreten. Dieses Werk geriet durch die Planung eines umstrittenen Entlagers für radioaktive Stoffe in die Schlagzeilen. |
Der Bergmannsverein Staßfurt repräsentierte die Wiege des deutschen Kalibergbaus. 1851 beschloß die preußische Regierung das Abteufen der beiden Schächte "Von der Heyd" und "Von Manteuffel" in Staßfurt. 1852 begannen die Arbeiten. Im Jahr 1860 konnten die hier gewonnenen Salze verarbeitet und genutzt werden und das Jahr kann als Gründungsjahr der deutschen Kaliindustrie betrachtet werden. | ![]() |
Durch meine Projektkollegin Mandy verschlug es mich in den letzten Jahren ab und zu nach Staßfurt und ich schaute mich mal auf den alten Schachtanlagen um. Leider sind nicht mehr viele Bergbauzeugen zu finden. |
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Der Montanverein Ostharz aus Straßberg führte Modelle vom Kunst- und Kehrrad zur Veranschaulichung alter Bergbautechniken mit. In dem Schaubergwerk Grube Glasebach, am Südrand von Straßberg, kann ein original Kunstrad besichtigt werden. In Straßberg wurde in den Gruben Flour, Glasebach und Brachmannsberg Flußspat abgebaut. |
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Hinter den Bergleuten aus dem Geiseltal marschiert der Bergmannsverein Nachterstedt. Wie im Geiseltal wurde auch hier Braunkohle gefördert. |
Der Bergbauverein Zielitz. Neben Bernburg ist das Kaliwerk Zielitz noch ein weiters im Betrieb befindliche Bergwerk in Sachsen-Anhalt. | ![]() |
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Der Landesverband Sachsen stellte den größten Block. Die Tradition zur Pflege des Bergbaubrauchtums ist in vielen Teilen Sachsens weit verbreitet. |
Der Kanppenverein Altenberg. Bis zum Ende der DDR wurde hier Zinnerz abgebaut. | ![]() |
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Auch optisch veränderte sich der Zug. Die Trachten und Uniformen wurden farbenfroher und die Frauen zeigten ihre Traditionen. |
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Grüne Mooskappen und das Gezähe auf den Schultern gehörte zum Bild der Altenberger. |
Der Musikzug vom Bergbauverein Annaberg-Buchholz. | ![]() |
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Einen großen Block bildete die Freiberger Berg- und Hüttenknappschaft. Der Freiberger Gangerzbergbau und die Bergschule Freiberg gehören zu der bekanntesten Bergbauregion in Ostdeutschland. Die Reichen Zeche und Alten Elisabeth sind nur zwei Namen. Die Bergakademie wurde am 13. November 1765 gegründet. |
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1168 wurde bei Christiansdorf von einem Fuhrmann Silbererz gefunden und von ihm nach Goslar gebracht. Die Kunde vom Silberfund lockte viele Bergleute aus dem Harz und anderen Regionen nach Christiansdorf. Der kleine Flecken wuchs schnell zu eine Industreistadt in der Mark Meißen heran. Der Name Freiberg wurde auf einer Urkunde 1218 das erste mal erwähnt. |
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Das Freiberger Revier war das ergiebigste Erzbergbaurevier in Europa. Sein Silber war maßgeblich am wirtschaftlichen Aufschwung und Reichtum der Markgrafschaft Meißen und Sachsens mitverantwortlich. |
Die unterschiedlichen Trachten und Uniformen der Freiberger Berg- und Hüttenarbeiter mit ihren Geleuchten und Gezähe boten ein buntes Bild in der Bergparade. | ![]() |
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Einen weiteren großen Block bildeten die Vereine der Stadt Oelsnitz / Erzgebirge. Oelsnitz gehörte zum Zwickauer Steinkohlerevier. |
Ein sehr schönes Relikt bergbaulicher Schaffenskraft und zur Gesunderhaltung sowie Stärkung von Körper und Geist zieht diese junge Dame hinter sich her. | ![]() |
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Mit dabei war auch das Bergmusikkorps "Glück Auf" aus Oelsnitz |
Der Förderverein Bergbaumuseum Oelsnitz. Hier kann man sich sehr schön über den Steinkohlenbergbau informieren. | ![]() |
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Die Knappschaft Kalkwerk Lengefeld bot auch ein butes Bild. | ![]() |
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Neben den historischen Uniformen der Bergmänner brachten die Bergfrauen ihre Trachten und Handwerk mit. |
Die Knappschaft Sutgerhütte-Olbernhau-Grünthal aus dem mittleren Erzgebirge. Hier geht auch der Winter nahtlos in den Herbst über und vergißt Frühjahr und Sommer. | ![]() |
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Das Doppelbockgerüst vom Schacht 66 auf der Fahne - Bergbrüderschaft Bad Schlema. |
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Die Bergbrüderschaft Ehrenfriedersdorf... |
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und der Bergmännische Musikverein Ehrenfriedersdorf. Viele Musikvereine, Musikkorps und Spielmannszüge waren bei der Parade angetreten. |
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Das Musikkorps der Bergstadt Schneeberg. |
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Die Bergparade Zwickau. |
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Wer kennt es nicht? Das kobaltblaue Glas. Aus ihm wurden viele Schmuckgefäße gefertigt. Neben den Bergmännern, die Kobalt förderten, waren die Hüttenleute der Blaufarbenwerke für die Produktion dieser einzigartigen Farbe zur Glasherstellung verantwortlich. Mit blauen Schürzen angetreten - Hüttenkanappschaft Blaufarbenwerk Zschopautal aus Waldkirchen. |
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Mit dem Bergmännischen Traditionsverein Zwönitz verlassen wir Sachen... |
und machen einen kurzen Sprung nach Baden-Württemberg. Mit der Grube Anna Elisabeth aus Schriesheim waren die einizigen Vertreter des Württemberger Bergbaus im Harz anwesend. | ![]() |
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Wie das Niedersachsenpferd verrät, folgt der Landesverband Niedersachsen. |
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Der Name Lendende steht für eine der dramatischsten Rettungsaktionen im deutschen Bergbau. Es geschah am 24. Oktober 1963 gegen 19.30 Uhr. Auf der Grube Mattilde brach der Klärteich Nr. 12 ein und 500.000m³ Wasser und Schlamm ergossen sich über das Stollenlabyrinth des Bergwerks. Zum Zeitpunkt waren 128 Bergmänner und 1 Elektromonteur zur Mittagsschicht in der Grube. 79 Kumpel konnten sich vor den Wassermaßen retten. 50 galten als vermisst. Fieberhaft wurde mit Suchbohrungen nach eingeschlossenen Bergleuten gesucht. 30 Stunden nach dem Unglück wurden sieben Bergleute gerettet. Nach acht Tagen konnten weitere drei Bergleute aus 79 Meter Tiefe mit der Dahlbuschbombe durch eine Rettungsbohrung gerettet werden. Am Ende der ansteigenden 100m-Sohle hatte sich eine Luftblase gebildet, der ihr Überleben sicherte. Für die weiteren 40 vermissten Bergleute gab es keine Hoffnung mehr und für den 4. November 1963 wurde eine Trauerfeier angesetzt. Dann wurde Gerede laut, dass sich Überlebende in einem "Alten Mann", einem alten zu Bruch gehenden Holraum, gerettet haben könnten. Eine letzte Suchbohrung sollte Gewissheit geben. Der Marktscheider legte den exakten Ausgangspunkt für die Bohrung auf ein Bahngleis an. Da es nicht abgebaut werden konnte, wurde die Bohrung um 2m versetzt. Um weitere vier Meter verschob sich die Bohrung beim Bohren und traf so auf den Hohlraum, den sie bei exakter Bohrung nicht erreicht hätte. Tatsächlich hatten sich nach dem Unglück 21 Menschen in den Hohlraum gerettet. Der Bohrer erreichte sie 220 Stunden nach dem Unglück und es waren noch 11 von ihnen am Leben. Das schwere Rettungsgerät war bereits auf dem Weg ins Ruhrgebiet und wurde auf der A2 gestoppt und zurückbeordert. 14 Tage nach dem Grubenunglück konnte die 11 Überlebenden, darunter auch der Siemens-Monteur, gerettet werden. Dieses Ereignis ging in die Geschichte als "Das Wunder von Lengende" ein. |
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Glück Auf Wathlingen! Glück Auf Kaliwerk Niedersachsen! Glück Auf Bergmannsverein Wathlingen! |
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Mit dem Knappenverein Borussia 1872 Dortmund-Eving kommen wir zum Landesverband NRW und zu den Gästen aus dem Ruhrgebiet. In Dortmund-Eving befand sich die Zeche Minister Stein. Der Hammerkopfturm über dem Schacht 4 ist ein schönes architektonisches Bergbauzeugnis aus vergangenen Tagen. |
Glück Auf Herne-Soding! Hier befand sich die Zeche Mont-Cenis. | ![]() |
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Ein schönes Bild im Zug bot der Knappenverein Lünen-Alstedde. |
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Mit dem Nordhäuser Bergbauverein "Sankt Barbara" kommen wir zu den Landesverband Thüringen. | ![]() |
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Der Bergmannsverein Glück Auf Sondershausen. Das Kaliwerk Glück Auf Sondershausen beherbergt heute ein sehr interessantes Erlebnisbergwerk, was man unbedingt gesehen haben muss. Mit einer Seilfahrt gelangt man im Brüggmanschacht in 650m Tiefe und wird hier durch ein Großteil der Grube gefahren. |
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Vor der Einfahrt in den Brüggmannschacht kann diese Dampffördermaschine aus dem Jahr 1897 besichtigt werden. |
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Das Fördergerüst vom Petersenschacht auf der Fahne. Das Doppelbockgerüst in Fachwerkbauweise ist das schönste Fördergerüst in Deutschland. Eigentlich ist es überdemensioniert. Der Petersenschacht diente als Schacht zu einer Forschungsanlage. Der damalige Bergwerksdirektor war vom 1889 erbauten Eifelturm so inspiriert, dass er das Gerüst in ähnlicher Form bauen ließ. Damit schenkte er der Stadt Sondershasen ihren Eifelturm am Bahnhof. |
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Auch der Bergmannsverein Bleicherode trägt seine Gerüste auf der Fahne. Die Gerüste der Schächte Von Velsen I und Von Velsen II wurden 1901 und 1903 erbaut. |
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Der Bergmannsverein Schlägel Eisen Menterode. Das Kaliwerk Volkenroda in Menteroda und die Schachtanlage Pöthen 1/2 waren bis Anfang der 90er Jahre in Betrieb. Das Strebengerüst mit Stahlkastenprofilen aus dem Jahr 1966 hat mich immer sehr beindruckt. |
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Bergmannsverein "Glück Auf" Roßleben. |
Es folgen ein paar Impressionen. |
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Bei so viel bergbaulichem Treiben staunt selbst dieser Hund. |
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Vor der Bergparade fand in der Stadtkirche St. Jakobi ein ökumenischer Gottesdienst statt. |
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Jens Kruse präsentiert die Fahne des Förderverein Besucherbergwerk "Drei Kronen & Ehrt" e.V. |
Viele angereiste Bergleute besuchten auch die Heimatstube, die am gesamte Wochenende geöffnet hatte. Hier befindet sich auch eine kleine Ausstellung zum Bergbau in Elbingerode. | ![]() |
Foto: A. Breutel, B. Breutel, G. Breutel, R. Eisenkolb, F. Spormann Text: André Breutel / Elbingerode, 27. Mai 2006 |